BASTARD  ASS ( I FROM  HELL OVERSEA
                                                                                                                                                      von  Florian Schiel
 
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B.A.f.H.O. 32
 
Frau Bezelmann steht im Gang und strahlt mir entgegen - ein Anblick, der jeden mit einem schwaecherem Nervenkostuem in die Flucht schlagen wuerde. Sie hat mir zur Begruessung sogar einen besonders stacheligen Kaktus mit Lichterkette (es ist ja Weihnachten!) und eine riesige Packung Pralinen besorgt. Spaeter stelle ich fest, dass die meisten Pralinen mit Senf gefuellt sind. Ein wirklich warmer Empfang! Sogar Marianne ist da und freut sich krampfhaft. Und unser aberglaeubischer  Hausmeister macht heimlich hinter meinem Ruecken Zeichen gegen den boesen Blick... 
Aber wirklich freuen tun sich natuerlich die Studenten. Trotz Studentenstreiks sind sie alle vollzaehlig in der Uebung zum Grundkurs erschienen, die ich sofort nach meiner Ankunft vom Kollegen O. uebernommen habe. Mein guter Ruf ist mir also vorausgeeilt (oder war er noch immer vorhanden?). 

Als allererstes erklaere ich den versammelten Ingenieursanwaertern, dass ich meine Erfahrungen in Uebersee fuer sie (also die Studenten) nutzbringend anzuwenden gedenke: 
"Nach amerikanischen Vorbild werde ich also von nun an Fragen zur Uebung nur noch schriftlich beantworten. Alle Fragen, die Sie haben, muessen bis zum Ende der Veranstaltung gesammelt und mit genauer Angabe des Idioten... ich meine, des Fragenden per Email an folgende Adresse geschickt werden..." 
Ich kritzele eine nicht-existente Email-Adresse moeglichst unleserlich an die Tafel. 
"... ausserdem wird die Klausur ab sofort ein Multiple-Choice-Test sein, der von einem Computer automatisch ausgewertet werden kann..." 
Ein paar ganz Ahnungslose freuen sich an dieser Stelle auch noch! Dabei schweben vor meinem unermuedlich-kreativen inneren Auge bereits Pruefungsfragen wie: 

Operator TRUE ist auf FALSE gesetzt, und Operator FALSE auf TRUE. Was ergibt die Formel  (TRUE && FALSE) && (FALSE || TRUE) && FALSE || (TRUE || FALSE) ? 

a) 42 
b) MAYBE 
c) Who cares? 

"... und natuerlich werde ich im Unterricht keine Tafel oder Overhead-Folien mehr verwenden. Der gesamte Stoff wird statt dessen in komprimierter Form mit einem Beamer auf die Leinwand geworfen. Das hat den unschaetzbaren Vorteil, dass ich noch schneller hin- und her-scrollen kann, als das mit Folien bisher moeglich war. Eine gute Uebung fuer Sie, damit Sie nicht vorzeitig geistig einrosten. Ausserdem kann ich so die ersten 20 Minuten jeder Uebung mit dem Einrichten der Technik vergeuden und den Stoff dann mit doppelter Geschwindigkeit durchnehmen. Auf ein schriftliches Skriptum wie in der Steinzeit werde ich natuerlich verzichten. Begleitende Hypertext-Dokumente finden Sie nur noch im Internet - sofern Sie zufaellig auf die Adresse stossen sollten (sie ist naemlich nirgends gelinkt; das macht das Studium gleich viel spannender!). Falls Sie doch irgendwie drauf kommen, werden Sie feststellen, dass es mit gigantischen Graphiken und minutenlangen HiFi Sound-Files gespickt ist, und dass Sie keine reelle Chance haben, das Ding mit Bandbreiten kleiner 10 
MegaBit 'runterzuladen..." 

Inzwischen haben sogar die Erstsemester gemerkt, wo sie hier gelandet sind: 
In der 'Bastard Lecture from Hell'! 

Einige durch die Studentenstreiks ermutigte Kommilitonen versuchen zu protestieren und verlangen eine Diskussion ueber meine neuen Unterrichtsmethoden. Ich ersticke jegliche Insubordination im Keim, indem ich mit beilaeufiger Stimme ankuendige, dass schon naechste Woche, einen Tag vor Heilig Abend, eine Probeklausur ueber den bisherigen Stoff abgehalten 
werde. 
Danach entlasse ich die Bande und schlendere links und rechts in die Bueros gruessend zu meinem alten Arbeitsplatz. Offensichtlich waren einige Kollegen nicht auf meinen Anblick vorbereitet. Kollege Rinzling verschluckt sich an seinem taeglichen Sahnetoertchen, als ich den Kopf zur Tuer hereinstrecke und ihm freundlich einen guten Morgen wuensche. Er bekommt einen Hustenanfall, der sich gewaschen hat, und laeuft ganz lila im Gesicht an. Dabei zeigt er mit dem zitternden Finger in meine Richtung und keucht: 
"Nnnn...hirchhh!... nnnnnn... hiiiirrrrchhh!... nnnnnn..." 
Eine hervorragende Gelegenheit, mein in den USA erworbenes Wissen anzuwenden: die sogenannte 'Heimlich Method'! (Sprich 'Heymlick') 
Ich greife Rinzling von hinten unter die Arme und ziehe mit der rechten Hand den linken Unterarm ruckartig nach hinten. Nach der Theorie von Heimlich sollte dadurch der Lungendruck so sprunghaft ansteigen, dass etwaige fehlgeleitete Stuecke Sahnetoertchen aus der Luftroehre gepustet werden. 
Vielleicht bin ich durch das Fitnesstraining in Kalifornien zu kraeftig geworden, oder ich habe den Trick vom guten Herrn Heimlich noch nicht ganz kapiert. Jedenfalls fliegt kein Sahnetoertchen aus Rinzlings aufgesperrten Schlund, vielmehr schiesst sein falsches Gebiss quer durch den Raum und beisst sich in Mariannes haarspray-gesteifte Stirnfranse fest, die gerade neugierig um die Ecke schaut (Marianne, nicht die Stirnfranse!). 
Marianne bekommt einen hysterischen Schreikrampf, der den Rest der Belegschaft auf den Plan ruft, und den Frau Bezelmann schliesslich nur mit ein paar schallenden Ohrfeigen zum Abbruch bringen kann. Rinzling bekommt endlich wieder roechelnd Luft in die Teerlungen, wohingegen seine blutunterlaufenen Augen mich immer noch so fassungslos anstarren, als waere ich der Geist von Hamlets Vater. 
Ganz zum Schluss erscheint der Chef in der Tuere und erkundigt sich nach der Ursache fuer den Aufruhr. Bevor noch irgendjemand umstaendliche Erklaerungen abgeben kann, faellt sein Blick auf mich, und er bemerkt lediglich: 
"Oh... aeh... Leisch... hrrmm... ach so!"

 
 
 
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